Knapp zwei Jahre nach meinem Marathondebut stand ich nun also wieder in einem Marathon-Startblock. Im Gegensatz zur Premiere in Dublin war heute aber nicht "nur" ankommen das Ziel, die 4:30 sollten schon fallen. Obwohl ich mich aufgrund unserer vielen sportlichen Reiseaktivitäten so fit wie noch nie fühlte, meldeten sich nun aber gewisse Zweifel. Hatte ich zu viele schnelle, flache Trainingseinheiten durch Trailruns ersetzt? Waren nicht vielleicht doch zu viele der Trainingsplan-Kilometer den Höhenmetern zu Opfer gefallen?
Eigentlich wäre es ja sowieso sinnvoller gewesen, mich bei einem Traillauf anzumelden, Gelegenheiten dazu gab es ja reichlich. Doch irgendwie hatte sich der Portland Marathon mit seinem Frauenanteil von über 50% schon seit längerem in meinem Kopf festgesetzt. So kam es dann, dass wir Anfangs Oktober in Denver ein Flugzeug in Richtung Nordwesten bestiegen. Der Flug bot einen grossartigen Blick auf den Mount Hood und über die Hood River Gorge, wo wir noch im Juli drei fantastische Wochen mit Windsurfen, Laufen und Wandern verbracht hatten.
Mount Hood, Mount Jefferson, und ganz weit hinten die Sisters, welche wir Anfangs Juli erklommen haben. |
Manuel hatte seinen Trainingsfokus klar auf die Ultraruns beim Run Rabbit 100 sowie beim Transmartinique gelegt. Aus diesem Grund bot er sich mir als Pacer und Wasserträger beim Marathon an, ein Angebot das ich mit Freuden annahm. Für ihn war der Start im Block E ein ganz neues Gefühl, die Stimmung hier stand wohl in deutlichem Kontrast zum ersten Startblock mit all den hufscharrenden Gazellen...
Für einmal hatte ich die tiefere Startnummer ;) |
Da die kurze Anreise zum Start reibungslos klappte, waren wir viel zu früh im Startblock. Frierend drängten wir uns mit einer freundlichen und sehr lautstartken Frauentruppe in einen Hauseingang um Schutz vor dem recht frischen Wind zu finden. Der klare Morgenhimmel liess aber schon einmal erahnen, wie warm es heute noch werden würde!
Auf einmal ging es aber viel zu schnell - Nationalhymne, hier hinten nicht allzu deutlich hörbar, und schon begannder Block E langsam in Richtung Startlinie aufzuschliessen. Manuel musste die Klo-Warteschlange überstürzt verlassen, ich hatte glücklicherweise die dann noch freien Port-a-potty schon eine halbe Stunde früher besucht.
Die Strecke inkl. Höhenprofil (c) Portland Marathon |
Der Start verlief unspektakulär, bis zur Linie marschiert, dann los. Unsere GPS-Uhren hatten gleich zu Beginn einen Aussetzer, darum war der erste Kilometer durch die Innenstadt Portlands (wie immer) zu schnell. Die there-and-back Schlaufe südwärts inkl. erstem Hügel verging wie im Flug, immer auf der (vergeblichen) Suche nach einer freien Toilette, denn auch meine Blase meldete sich plötzlich mit Nachdruck. Déjà-vu vom Dublin Marathon... Erstaunlich wie schnell 10 Kilometer vergehen können, die Pace dabei immer etwas schneller als geplant. Manuel entschloss sich schliesslich dafür, anzustehen, und schloss etwas später wieder zu mir auf. Ich erspähte auch endlich ein unbesetztes Port-a-potty und riss energisch die Tür auf - nur um einen unfreiwilligen Blick auf einen halbnackten Läuferhintern zu erhaschen... Liebe Läufer (ja, männliche Form), bitte verriegelt doch die Tür, damit erspart ihr euch und anderen so einiges!
Nun ging es auf den unspektakulärsten Streckenteil, noch ein there-and-back, diesmal nordwärts entlang des Willamette-Rivers durch ein Industriegebiet. Dies hatte aber den Vorteil, dass wir der Spitze und dem gesamten vor uns laufende Feld begegneten - durchaus unterhaltsam. Damit löste sich auch mein WC-Problem auf elegante Weise: die vielen Klohäuschen auf der Gegenseite waren nämlich grösstenteils frei!
Die letzten 500 Meter |
Nach dem Wendepunkt bei Meile 9 konnte ich dann feststellen, dass mein Vorsprung auf den 4:30 Pacemaker schon recht beachtlich war. Kleinere Bedenken meldeten sich (zu schnell los, wann kommt die Wand?), aber eigentlich fühlte ich mich noch sehr gut. Ich tauschte meine Trinkflasche nun bei Manuel gegen ein erstes Energy-Gel ein, am Verpflegungsposten konnte ich einfach "vorbeisegeln" und erhielt den Becher Wasser von Manuel nachgetragen - das ist Service!
Leider hatte aber inzwischen Manuels Knie begonnen Schwierigkeiten zu machen; jenes Problem, welches ihn schon um die Teilnahme beim Run Rabbit Run gebracht hatte. Entsprechend, wie vorher für diesen Fall vereinbart, beschloss er kurz vor der Halbmarathon-Marke auszusteigen, dort wo uns auch die Halbmarathon-Läufer in Richtung Zielbogen verliessen. Von hier würde die Strecke nordwärts führen, stadtauswärts, um dann in einem grossen Bogen auf der anderen Flussseite zur Innenstadt zurückzukehren. Keine weiteren Gelegenheit mehr für einen Ausstieg. Ich stopfte mir also die verbleibenden vier Gel in meine diversen Taschen drückte Manuel kurz zum Abschied und schon war ich alleine unterwegs. Irgendwie recht einsam...
Die offizielle Halbmarathon-Tafel kam dann erst einen halben Kilometer nach der offiziellen Zeitnahmematte, meine handgestoppte Zeit: 2:09:xx - schneller als geplant... Nun ging es also nordwärts, in weiter Ferne (rund acht Kilometer) sah man bereits die St. Johns Bridge in der Sonne glänzen, Wendepunkt und Piece de Resistance der Strecke. 50 Höhenmeter würden innerhalb von nicht ganz einem Kilometer zu erklimmen sein - je näher ich der Brücke kam, desto höher erschien sie mir! Aber dennoch sehnte ich sie mir herbei, denn nachher würde es "nur" noch 14 Kilometer "heimwärts" gehen, ohne weitere grössere Steigungen!
Als sie dann endlich da war, fiel mir die Steigung viel leichter als erwartet - wohl den vielen Trainingshöhenmetern und Bergtouren zu verdanken! Gemeinsam mit einer weiteren Läuferin rannte ich die gesamte Steigung, vorbei an einer langen Reihe gehender Mitläufer, wir hatten sogar noch genug Atem für einen kurzen Schwatz (für uns beide war es der zweite Marathon).
Auf der Brücke bot sich ein grossartiger Ausblick über die Stadt, beleuchtet durch die doch schon kräftige Morgensonne. Nun konnte ich ich die erarbeitete Höhe nach und nach wieder vernichten, was mir zu einigen schnellen Kilometern verhalf. Ich staunte wie gut ich mich noch immer fühlte, wusste aber, dass dieser Zustand von einer Sekunde auf die nächste vorbei sein könnte.
Nun ging es durch Wohnquartiere, die Anwohner waren ein fantastisches Publikum! Private Verpflegungsstände mit Gummibärchen, motivierende Schilder und eine wunderbare Stimmung - ich begann den Lauf so richtig zu geniessen! Noch nie wurde ich so oft mit Namen angefeuert! Zusätzliche Motivation war, dass ich nun nur noch am überholen war, den meisten Läufern ging es nicht mehr allzu gut. Ich konnte mich vom Dublin-Marathon her noch gut an dieses Gefühl erinnern...
Näher und näher kam die Stadt, und die Wand blieb noch immer aus! Ich hatte einen guten Rhythmus gefunden, hielt mich in der Strassenmitte wo ich ungestört mein Tempo gehen konnte und holte mir jeweils am Ende der Verpflegungsposten - nach dem grossen Gedränge und ohne stark abbremsen zu müssen - einen Becher Wasser.
Die offizielle Halbmarathon-Tafel kam dann erst einen halben Kilometer nach der offiziellen Zeitnahmematte, meine handgestoppte Zeit: 2:09:xx - schneller als geplant... Nun ging es also nordwärts, in weiter Ferne (rund acht Kilometer) sah man bereits die St. Johns Bridge in der Sonne glänzen, Wendepunkt und Piece de Resistance der Strecke. 50 Höhenmeter würden innerhalb von nicht ganz einem Kilometer zu erklimmen sein - je näher ich der Brücke kam, desto höher erschien sie mir! Aber dennoch sehnte ich sie mir herbei, denn nachher würde es "nur" noch 14 Kilometer "heimwärts" gehen, ohne weitere grössere Steigungen!
Die St. Johns Bridge (Quelle: Wikimedia) |
Als sie dann endlich da war, fiel mir die Steigung viel leichter als erwartet - wohl den vielen Trainingshöhenmetern und Bergtouren zu verdanken! Gemeinsam mit einer weiteren Läuferin rannte ich die gesamte Steigung, vorbei an einer langen Reihe gehender Mitläufer, wir hatten sogar noch genug Atem für einen kurzen Schwatz (für uns beide war es der zweite Marathon).
Auf der Brücke bot sich ein grossartiger Ausblick über die Stadt, beleuchtet durch die doch schon kräftige Morgensonne. Nun konnte ich ich die erarbeitete Höhe nach und nach wieder vernichten, was mir zu einigen schnellen Kilometern verhalf. Ich staunte wie gut ich mich noch immer fühlte, wusste aber, dass dieser Zustand von einer Sekunde auf die nächste vorbei sein könnte.
Nun ging es durch Wohnquartiere, die Anwohner waren ein fantastisches Publikum! Private Verpflegungsstände mit Gummibärchen, motivierende Schilder und eine wunderbare Stimmung - ich begann den Lauf so richtig zu geniessen! Noch nie wurde ich so oft mit Namen angefeuert! Zusätzliche Motivation war, dass ich nun nur noch am überholen war, den meisten Läufern ging es nicht mehr allzu gut. Ich konnte mich vom Dublin-Marathon her noch gut an dieses Gefühl erinnern...
Näher und näher kam die Stadt, und die Wand blieb noch immer aus! Ich hatte einen guten Rhythmus gefunden, hielt mich in der Strassenmitte wo ich ungestört mein Tempo gehen konnte und holte mir jeweils am Ende der Verpflegungsposten - nach dem grossen Gedränge und ohne stark abbremsen zu müssen - einen Becher Wasser.
Trophäen (und Essen) :) |
Bereits ging es über eine weitere Brücke zurück an das "richtige" Ufer des Willamette, noch einmal ein klein wenig "Autsch" in der Steigung. Drei Kilometer vor dem Ziel realisierte ich, dass sogar eine Zeit unter 4:20 im Bereich des Möglichen lag, also nochmals alle Reserven mobilisiert. Reserven? Am Ende eines Marathons? Ganz ein neues Gefühl :) Einen Kilometer vor dem Ziel stand Manuel an der Strecke, der dann mit Rucksack und Kamera und in Jeans noch ein Stück mit mir lief - hier entstand das Foto ganz oben im Blog. Motivation pur, ein breites Grinsen breitete sich in meinem Gesicht aus, welches sich bis zum Einschlafen hartnäckig halten würde. Endspurt, dann war es geschafft, die Uhr stoppte bei offiziellen 4:17:50. Hätte ich nie für möglich gehalten, ich sollte wohl sofort meinen Rücktritt vom Laufsport geben! ;)
Ich behaupte nicht, dass es zum Ende hin nicht weh getan hat, doch der grosse Einbruch blieb diesmal aus. Die Tatsache, dass der
zweite Halbmarathon eine Minute schneller war als der erste, sagt so
einiges! Ich kann Marathon mit Negativsplit :)
Abends feierten wir mit Apero in einer kleinen Weinbar (lecker Pinot Noir aus Oregon) und anschliessendem Abendessen in der Deschutes Brewery. Am nächsten Morgen gab es - kaum Muskelkater!?! So macht Marathon Spass!
Feiern in der Deschutes Brewery |
Die Zahlen:
Chip-Time: 4:17:50 (Pace: 6:07 min/km)
Overall Rank: 2105/5716
Female Rank: 765/2837
F35 Rank: 133/415
Die nette Statistik
sagt mir, dass ich in der ersten Hälfte 551 Läufer überholt habe und
von 276 überholt wurde. In der zweiten Hälfte waren es doch nochmals 258
Personen die ich eingesammelt habe, während 16 an mir vorbeizogen.
Regenerationsspaziergang im Rosengarten der "City of Roses" |
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