8/16/2014

Nordwärts

Tiree Sundowner

Bis zur letzten Session blieb Tiree für mich, zumindest in Windsurf-Technischer Hinsicht, frustrierend. So hatte ich auch unsere letzte Session mangels Wind nach nur einem Schlag aufgegeben, mich aus dem Neopren geschält und mit wärmendem Tee und einem Buch in unser Büssli zurückgezogen, als ich realisierte, dass plötzlich alle auf dem Wasser waren und den frisch aufgekommenen Gleitwind genossen.

Manuel hat Spass

Ich kämpfte mit mir, ob ich jetzt wirklich den nassen, kalten Neopren wieder anziehen soll, doch das Kribbeln wurde stärker und stärker. Schlussendlich fasste ich mir ein Herz und machte mich wieder startklar. In dem Moment als ich am Wasser, stand surfte Manuel heran. Der Wind hatte plötzlich wieder nachgegeben... Innert weniger Minuten wehte kaum mehr ein laues Lüftchen! Immerhin hatte Manuel eine schöne Session.

Balephuil - unsere Lieblingsbay für Wellenreiten
und SUP



Crossapol Bay - ein weitererendloser und völlig
menschenleerer Strand!

Am Mittwoch 6.8. brachte die Fähre uns in einer vierstündigen Überfahrt zurück zum Festland. Da wir ohne Frühstück losgefahren waren, packte ich die Chance und gönnte mir ein echtes Scottish Breakfast. Dabei kam ich morgens um acht (unter anderem) in den Genuss weisser Bohnen an roter Sauce, einer Scheibe frittierter Blutwurst und einer Mini-Rösti - beim Anlegen hätte ich glatt von der Fähre rollen können...

Scottish Breakfast

In Oban deckten wir uns im grossen Tesco-Einkaufszentrum mit Wasser und Lebensmittel für die nächsten Tage ein. Ausserdem wurde ich überglückliche Besitzerin eines neuen Kindle E-Books, diese kann man hier tatsächlich in den Supermärkten kaufen! Leider hatte ich mich nämlich eines Morgens beim anziehen der Midge-Schutzschichten im Zelt schwungvoll mit dem Ellenbogen auf meinen unter dem Schlafsack liegenden, altgedienten Kindle aufgestützt, worauf dessen Bildschirm nur noch verzerrte Scherbenbilder anzeigte.

Überhaupt beginnt unsere Ausrüstung langsam etwas zu leiden, die Sturmnacht hat unser Vorzelt etwas "verhudelt" und dabei mehrere Stangen angebrochen, bei den Heringen ist deutlich schwund und unsere superbequemen Stühle sind bereits beide mit Schrauben notdürftig geflickt. Ausserdem herrschte im Dachzelt beim Abschied von Tiree eine ziemlich hohe Feuchtigkeit, da wir das Kondenswasser, welches sich in kalten Nächten unter der Matratze bildet, nie so richtig austrocknen konnten.

Von Oban aus hatten wir nur noch die Fahrt bis nach Glencoe geplant, dies jedoch bei von BBC-Weather angedrohtem Dauerregen. Während der Fahrt konnten wir noch etwas Sonne geniessen, doch Glencoe, das geschichtsträchtige und Landschaftlich wunderschöne grüne Tal war komplett Wolkenverhangen. Wir fuhren also hinauf zur Ebene am oberen Talende, und dort hinein in ein kleineres Seitental, das Glen Etive, aus welchem die Sonne verführerisch hervorschaute. Das Glen Etive ist eine Sackgasse, in welches eine 12 Meilen lange Singletrack-Road mit Ausweichstellen hineinführt, immer entlang eines kleinen Flusses.

Wanderung im Glen Etive

Wir entschlossen uns nach der langen Überfahrt mit der Fähre noch etwas zu wandern, dazu ist es ja dank der langen Tage auch um 18 Uhr noch nicht zu spät. Auf einer Wiese gleich am Bach, einsam und allein inmitten einer dramatischen schottischen Berglandschaft, schlugen wir anschliessend unser Nachtlager auf. Die Midges hatten uns zu unserer grossen Freude während der Wanderung nicht belästigt, waren wir doch wiederholt vor dieser Gegend gewarnt worden. Wir hatten eben begonnen unser Abendessen zu kochen, als der leichte Wind, welcher die ganze Zeit über geweht hatte, einschlief. Wie auf Kommando waren sie da, Schwärme von Midges! Wir stülpten uns die vorsichtshalber gekauften Kopfnetze über und sprayten grosszügig Antibrumm. So konnten wir mühsam eben noch fertig kochen, dann verzogen wir uns schnellstens ins Büssli. Dort mussten wir zuerst die eingeschleppten Viecher platt machen, bevor wir in Ruhe essen konnten. So genossen wir dann halt die fantastische Umgebung durch die Fenster von Welly. Glücklicherweise setzte der Wind wieder ein, bevor wir ins Bett stiegen.


Übernachtung im Glen Etive

Am Morgen konnten wir aber kaum den Kopf aus dem Dachfenster strecken, bis die Midges wieder über uns her fielen, schlimmer denn je - wer das nicht erlebt hat, kann sich gar nicht vorstellen wie nervtötend so kleine Tiere sein können. Sie schienen die ganze Nacht nur auf uns gewartet zu haben! Wir beschleunigten unseren Aufbruch sehr stark und beschränkten die Morgentoilette auf einen Gang in die Büsche und kurzes waschen des Gesichts im Bach, was uns bereits Midge-Bites an verschiedensten Körperstellen einbrachte...

Trocknen, Frühstücken und "Ent-Midgen" ;)

Wir fuhren einige Meilen bis nach Fort William, der nächsten Stadt. Dort, auf dem Besucherparkplatz bei der Touristen-Information (mit grosszügigen sanitären Anlagen), kurbelten wir unser Dachzelt wieder hoch und rissen alle Büssli-Türen auf um uns komplett zu "ent-Midgen" und trocken. In der herrlich wärmenden Sonne kochten wir anschliessend in aller Ruhe unseren Kaffe und genossen unser Frühstück - wirklich schön! Dies brachte uns allerdings verschiedentlich neugierige Blicke vor allem der japanischen Touristen ein, und ein Italiener freute sich so sehr über unsere Kaffeemaschine der Marke Bialetti, dass er sofort ein Foto von uns machen musste.

Ullapool, fotografiert vom SUP aus.

Trocken und einigermassen Tier-frei ging es dann weiter nordwärts. Nächster Wegpunkt war Ullapool, ein schon sehr nördlich gelegener Fischer- und Touristenort. Hier schlugen wir unser Lager wieder auf einem offiziellen Camping auf, mitten im Ort gelegen auf einer grossen Wiese gleich am Ufer des Loch Broom. Dabei handelt es sich nicht um einen See, wie man dem Namen nach vermuten könnte, sondern um einen Meeresarm. Und genau dieser Meeresarm bescherte mir, völlig unerwartet, zum ersten Mal auf dieser Reise eine tolle Zeit auf dem Windsurfboard!

Manuel umkurvt ein Fischerboot.

Muriel feilt an der Powerjibe.

Manuel hatte nach dem Frühstück die SUP-Boards aufgepumpt, doch kaum fertig frischte der Wind auf. Also musste ein neuer Plan her und wir holten die Windsurfboards hervor und riggten die Segel auf. Stundenlang, unterbrochen nur durch gelegentlich ein Fischerboot oder die Caledonian-Mc-Brayne-Fähre, flogen wir hin und her. Um so schöner weil unerwartet, und ich weiss jetzt auch endlich wieder, warum ich mich für genau diesen Sport entschieden habe!

Happy mit Shrimps und
"a bucket of chips" :)

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