12/23/2014

Kajaktour im Doubtful Sound



Kurz nach sechs in der Früh wurden wir in Te Anau per Minibus abgeholt. Die Anfahrt zum abgelegenen Doubtful Sound gestaltet sich nicht ganz einfach, dies ist auch der Grund dafür, dass er viel weniger überlaufen ist als der Milford Sound weiter nördlich. So sind wir beispielsweise während dem gesamten ersten Tag unterwegs nur einem einzigen Schiff begegnet. Die Kajakgruppe war mit acht Personen im Alter zwischen ca. 20 und 60 (zwei Briten, ein Amerikanischer Papa mit Tochter, ein Holländer und ein Däne) komplett ausgebucht. Am Ufer des Lake Manapouri galt es gleich mit anzupacken, denn gut ein Dutzend Kisten und Taschen mit Material musste ins Schnellboot umgeladen werden. Dieses, normalerweise für ganze Cars voller Daycruise-Touristen für ausgelegt, stand unserer Gruppe um diese Uhrzeit ganz alleine zur Verfügung. Nach der Überquerung des Sees hiess es im Nieselregen wiederum Gepäck umladen. Eine Busfahrt inklusive kurzer Einführung in die Flora und Fauna der Region brachte uns über eine Gravelroad-Passstrasse dann schlussendlich zum Doubtful Sound.

Hier wartete bereits ein Teil der lokalen Fauna auf uns: Schwärme von Sandflies, lästige Miniatur-Fliegen, deren Bisse noch tagelang übelst jucken, stürzten sich sofort auf jede freie Hautstelle. Glücklicherweise zeigte das aus der Schweiz mitgebrachte Antibrumm schnell Wirkung. Inzwischen begannen sich die Regenwolken zu verziehen, und die steilen, grünen Hänge zeigten erste Sonnenflecken. Dies ist hier an der Südwestküste eher die Ausnahme als die Regel, denn mit rund 8000 mm Regenfall bzw. 200 Regentagen in durchschnittlichen Jahren und bis zu 16'000 mm Niederschlag in Extremjahren sind die Sounds eine der Regenreichsten Regionen der Welt!


In einer Garage etwas vor den agressiven Sandflies geschützt fassten wir unser Material für die zwei Tage: je ein grosser und ein kleiner wasserdichter Packsack für Kleidung, Schlafsäcke und Essen, ein Träger-Neoprenanzug, ein Thermo-Langarmshirt, ein Fleece-Pullover, eine wasserdichte Jacke, eine Schwimmweste und eine Schürze die das Kajak um den Insassen herum abdichten soll. Dann wurden Packsäcke, Zelte, Kochutensilien und Emergency-Kit in den Zweierkajaks verstaut und diese jeweils zu sechst ins Wasser getragen. Auf Empfehlung unseres Guides zogen wir nur das Thermoshirt und den Neopren an, und natürlich Schwimmweste und Schürze.

In voller Montur

Der Doubtful Sound ist, ganz im gegensatz zum linearen Milford Sound, stark verzweigt. Für den ersten Tag war vorgesehen, zum Ende eines Seitenarms, des Hall Arms zu paddeln. Manuel und ich teilten uns ein Kajak, er sass hinten und war somit der Steuermann, ich wäre vorne für den Paddel-Takt und das erspähen von Hindernissen zuständig. Wir fanden auch beide recht bald unseren Rhytmus, nur zu Beginn nicht immer den selben. Das Kajak war aber gross genug, so dass wir uns nicht in die Quere kamen.


Inzwischen hatte die Sonne sich durchgesetzt, doch beim Einbiegen in den Seitenarm blies uns ein kräftiger Wind entgegen. Dieser stellte kleine Windwellen auf, welche mich klatschnass spritzten. Im Gegenzug bekam Manuel durch meine verstärkten Paddel-Anstrengungen auch einiges an Wasser ab, so dass wir beide sehr froh waren, als wir in einer sonnigen, windgeschützten Bucht Mittagshalt machten. Eine Suppe wärmte uns etwas auf, auch wenn die Shirts nicht ganz zu trocknen vermochten. Als einzige der Gruppe zogen wir beiden Schweizer "Gfröhrli" dann zum weiterpaddeln die wasserdichte Jacke an, und haben es keinen Moment bereut!

Weiter ging die Fahrt den Hall Arm hinauf, glücklicherweise liess der Wind nun etwas nach. Da wir anscheinend als Gruppe recht schnell unterwegs waren - einzig die beiden Amis hatten zwischenzeitlich etwas Mühe mitzuhalten - fragte unser Guide Keith, ob wir Lust hätten noch eine kleine Wanderung zu einem Wasserfall hinauf zu machen. Klar hatten wir Lust! Mangels Pfad kletterten wir durch den Wasserlauf hinauf, hier waren Manuel und ich sehr froh, dass wir uns für die Surfschuhe statt Flipflops entschieden hatten! Der Wasserfall und der schöne Ausblick entschädigte für das Gekraxel. Die beiden Briten sowie der Däne liessen sich trotz nicht allzu warmer Temperaturen nicht davon abhalten, eine eiskalte Schmelzwasser-Dusche zu nehmen. Mir hingegen fiel die Entscheidung nicht allzu schwer, nur vor dem Wasserfall zu posieren...


Für das Nachtlager mussten wir den Seitenarm bis zur Hälfte zurück paddeln, diesmal aber mit dem Wind. Keith erklärte uns allerlei Wissenswertes zum Doubtful Sound. Der Wald hier ist wirklich uralt, noch genau so wie er sich seit der Abspaltung von Neuseeland vom Urkontinent "Godwana" entwickelt hat. Glücklicherweise haben weder Maori noch Europäer dieses Gebiet abgeholzt, vermutlich da es sehr schwer zugänglich ist. Die steilen, grünen Hänge sind überall mit weissen Schneisen durchzogen, verursacht durch sogenannte "Travalanches" - Tree Avalanches (Baumlawinen). Es ist sowieso höchst erstaunlich, dass sich die Bäume in den steilen Hängen halten können, handelt es sich doch um blanken Fels ohne Erdschicht. Moose und Flechten, welche sich in jede Felsritze krallen und als Wasserspeicher die Grundlage für das Wachstum von zunehmend grösserer Pflanzen bieten machen dies möglich. (Allfällige Fehler sind übrigens eher auf akkustische oder sprachliche Verständigungsprobleme zurückzuführen als auf Fehlinformationen seitens unseres Guides)

Die Kajak-Shelter

Die Sandfly-Shelter

Der Thron :)

Im Nachtlager gab es einen dauerhaft errichteten Gruppenunterstand, der mittels Planen und Netzen vor Regen und Sandflies schützt. Mit ersterem hatten wir keinerlei Probleme, zweitere stürzten sich aber in Schwärmen auf die beim Ausziehen der nassen Klamotten entblössten Hautstellen. Wir liessen schnell jeden Gedanken an eine "Katzenwäsche" im Fluss fallen und sprayten grosszügig Insektenspray über die Sonnencreme-Schweiss-Salzwasser-Schicht... Nachdem wir die Igluzelte aufgestellt hatten, flüchteten wir so schnell wir möglich in den Unterstand, wo wir die verbrauchte Energie über das mitgebrachte Abendessen wieder zuzuführen versuchten. Die Menus variierten hierbei von Cereals an Proteindrink (jaja, die jungen Backpacker...) über unser Couscous bis hin zu in Käse gebratener Hühnerbrust... Bei Eindunkeln, d.h. so gegen zehn Uhr, verschwanden dann aber alle recht schnell in ihren Zelten, einerseits wurde es empfindlich kalt, andererseits sind fünf Stunden paddeln ziemlich anstrengend, wenn man es sich nicht gewohnt ist!

Die Nacht war dann aber eher mässig, denn die zur Verfügung gestellten, ursprünglich selbstaufblasenden Matten taugten kaum mehr als Polster oder Isolationsschicht, so dass wir trotz diversen Kleiderschichten immer noch froren... Besonders Manuel hatte bis zur Tagwacht um sechs Uhr mehr gelesen als geschlafen... Immerhin waren dank sternenklarer Nacht die Neoprenanzüge dann einigermassen trocken, ich möchte wirklich nicht wissen, wie es gewesen wäre, in eiskalte und klatschnasse Anzüge zu steigen! Wir entschieden uns heute für volle Montur inklusive Neopren-Mützen und Fleece-Pullover, und kamen damit trotz herrlichem Sonnenschein nie allzu sehr ins Schwitzen.


Der Doubtful Sound

Die Fahrt ging nun im Morgenlicht zurück zum Hauptarm des Sounds, und dort rund um die langgestreckte Insel "Elisabeth Island". Viele der Inseln hier bieten den einheimischen Vögel Zuflucht vor eingeschleppten Nesträubern wie Opossum oder Wiesel. Wir paddelten in nächster Nähe vorbei an Wasserfällen, entlang von Felswänden und unzugänglichen Uferlinien, bis wir nach dem Mittag wieder am Ausgangspunkt ankamen. Einen weiteren, letzten Höhepunkt bot ein Halt auf der Passhöhe, welche nun - ohne Regenwolken - einen herrlichen Ausblick über die fantastische Landschaft des Doubtful Sounds bot.

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